Hanseviertel: Ein Denkmal mit modernstem Shopping-Flair
Passage setzt seit 1980 Maßstäbe
Das Hanseviertel im Herzen der Stadt ist erst 39 Jahre alt und schon ein Denkmal. Denn die Grande Dame der Hamburger Einkaufspassagen ist ein stadtgeschichtlich, städtebaulich und architektonisch herausragendes Bauwerk der Postmoderne. Den städtebaulichen Wert des Ensembles hat das Denkmalschutzamt erkannt und gewürdigt, indem es das Hanseviertel 2018 unter Denkmalschutz gestellt hat. Steht es doch in der Tradition berühmter historischer Einkaufspassagen europäischer Großstädte und orientiere sich zugleich mit Architektur, Materialien und Details konsequent an Hamburgischer Baukultur und Stadtgeschichte.
Kaum eröffnet, schon ein Publikumsmagnet
Im Dreieck zwischen Poststraße, Große und Hohe Bleichen/Heuberg entstand in nur zweieinhalb Jahren Bauzeit zwischen 1978 und 1980 ein 45.000 Quadratmeter großes Ensemble mit rund 60 Ladengeschäften, das Anfang der 1980er-Jahre in Hamburg einzigartig war und auch deutschlandweit seinesgleichen suchte.
Geschaffen wurde der Publikumsmagnet, von Architekt Volkwin Marg ‑ einem der Namensgeber des weltweit agierenden Büros von Gerkan, Marg und Partner (gmp). Zum Ensemble gehören ein Parkhaus, Büroflächen, Wohnungen und das Renaissance Hotel Hamburg.
Marg vermochte es, das Hanseviertel mit seiner einzigartigen Passagenstruktur in den Altbaubestand der westlichen Innenstadt einzupassen. Die Ladengeschäfte profitierten von Anfang an von Menschen, die beim Einkaufen damals wie heute gern in der 200 Meter langen Passage vorbei an roten Backsteinfassaden und einladenden Schaufenstern schlendern. Den Backstein aus Lauenburg verwendete der Hamburger Architekt nicht nur für die Fassaden, sondern auch als Fußboden.
Unabhängig vom Wetter schlendernd einkaufen gehen – das hat die Hamburger begeistert
Die gesamte Passage ist mit einem durchfensterten Tonnengewölbe überdacht. Höhepunkte sind zwei fulminante Glaskuppeln, die wie ein gläserner Dom den Blick auf den Hamburger Himmel freigeben. Unabhängig vom berüchtigten hanseatischen Wetter einkaufen zu gehen und sich trotzdem nicht wie in einer Shopping-Mall zu fühlen: Mit dieser Idee hatte Architekt Marg unweit der Hamburger Alster etwas Außergewöhnliches geschaffen.
Das markante Grün der Stahlträger der Glasdachkonstruktionen ist eines der Markenzeichen des Hanseviertels und greift die im Stadtbild allgegenwärtigen grün oxidierten Kupferdächer gestalterisch auf. In den Boden sind Bronze-Embleme eingelassen. Bronze-Bänder mit Inschriften im Boden beziehen sich auf Inschriften in Hamburgischen Urkunden oder auf Zitate aus Handel und Schifffahrt. Die Wände zieren bis heute Leuchten, die an Schiffsleuchten erinnern.
Architektonische Details knüpfen an hanseatische Tradition an
Wer vom Hamburger Rathausplatz aus auf das Hanseviertel zuläuft, erblickt sofort das Glockenspiel mit 23 bronzenen Glocken am Haupteingang. Es spielt stündlich ein anderes Lied und knüpft damit an eine in allen Hansestädten übliche Tradition an.
Wer ganz genau hinschaut, kann unterhalb des Glockenspiels einen Bereich entdecken, in dem das Wort „Polen“ in dunkleren Klinkern zu lesen ist. Beim Bau des Hanseviertels hatten Maurer aus Krakau die Ziegel nach Farben sortiert, die helleren für den Hintergrund und die dunkleren für die Schriftzeichen verwendet.
Ein Denkmal im Denkmal: 13 Tonnen schwere Granitkugel in der Rotunde
Der Architekt indes setzte sich zusammen mit einer gmp-Mitarbeiterin noch ein weiteres Mal ein Denkmal – mit 13 Tonnen Gewicht und 211 Zentimetern Durchmesser. Im Mai 2012 wurde eine schwimmende Kugel aus 300 Millionen Jahre altem Granit aus Brasilien in der Rotunde installiert. Das steinerne Objekt ist dem Erdball nachempfunden. Für die Oberfläche entwickelte der Künstler Tilman Fulda eine Weltkarte samt Handelsrouten großer Hamburger Reedereien. Deren Namen sind im Boden in Bronze eingelassen.